Hamlet SARS-CoV-2 Support and Relief Fund for Artists Der Hamlet SARS-CoV-2 Support and Relief Fund for Artists hat zwischen März und Juni 2020 rund CHF 40'000.- an Künstler*innen weltweit ausgezahlt. Das Projekt wurde per Ende Juni 2020 nach der Verwendung aller finanziellen Mittel beendet.
Dates:
On View: March 13th – June 30th 2020
Die Geschichte von T.
T. ist 31 Jahre alt und ziemlich erfolgreich als Künstler*in. T. arbeitet vor allem mit Installationen und skulpturalen Objekten auf einer sehr konzeptionellen Basis. T. hat einen schönen Leistungsausweis mit Beteiligungen an ein paar kleineren institutionellen Gruppenausstellungen und T.s Arbeit wird von vielen Leuten geschätzt. Im Verlaufe der letzten paar Jahre hat T. sogar einige Verkäufe an ein paar wenige grössere Sammlungen machen können. In Anbetracht dessen, dass T.s Werke nicht besonders dekorativ sind und nicht für durchschnittliche Wohnungen dimensioniert sind, verkauft T. nicht besonders viel. Naja, Verkäufe sind ja auch nicht das Einzige, was eine künstlerische Karriere definiert und T. ist bei Betrachtung der Karriereentwicklung auf gutem Wege.
T. hat bereits mit Galerien gearbeitet. Dennoch, per Heute ist T. nicht fix in einer Galerie vertreten. Die kleineren, jüngeren Galerien möchten sehen, wie sich T.s Karriere entwickelt, bevor sie in eine Position investieren, die so sehr auf Institutionen angewiesen ist wie T.. Natürlich ist T. auch noch nicht ganz an dem Punkt angelangt, an dem die grossen Blockbustergalerien T. an Bord holen würden und laufende Unterstützung bieten.
Um das tägliche Leben finanzieren zu können, arbeitet T. als Techniker*in auf Stundenbasis bei einer der sehr grossen Galerien. Es ist ein guter Job, der für einen Nebenerwerb auch ganz gut entlöhnt wird.
Ende Februar 2020 arbeitete T. gerade an einer ersten Einzelausstellung in einer coolen, jungen Galerie. T. hoffte und erwartete ein paar Verkäufe und vielleicht würde sich sogar eine langfristige Zusammenarbeit mit der Galerie entwickeln. T. hat einige Wochen vom Brotjob freigenommen und alle Reserven in die Produktion einer potenziell karriereverändernden Ausstellung investiert.
Im März 2020 wurde T. von der Galerie informiert, dass die Ausstellung nicht stattfinden würde - wenigstens nicht für jetzt. Besorgt beim Gedanken, dass die Verkäufe, die die Investitionen und vielleicht einen Teil der Lebenshaltungskosten decken würden nun nicht stattfinden könnten, kontaktierte T. die grosse Galerie. T. wurde informiert, dass auch die grosse Galerie nun schliessen würde. T. hatte gerade noch genug Geld, um bestenfalls eine Woche davon zu leben.
Die Geschichte von L.
L. arbeitet ziemlich erfolgreich als Künstler*in. 28 Jahre alt, arbeitet L. vor allem mit Performance. L.s Arbeit hat positive Kritiken erhalten und L. arbeitet an Projekten auf der ganzen Welt. Aber natürlich ist L., in diesem jungen Alter, noch kein Superstar wie Marina Abramovic. Dennoch kann L. von der künstlerischen Arbeit leben und wenn es doch knapp wird, dann arbeitet L. immer wieder mal in einem Café um genug Geld zusammenzukratzen.
L. hat alles ausgerechnet: Wenn L. zu einem bestimmten Honorar an sechs Projekten im Jahr arbeiten kann, dann sollten L.s fundamentale Lebenshaltungskosten mit dem Jahreseinkommen gedeckt sein. Die sechs Projekte können aber natürlich nicht alle gleichzeitig stattfinden und L. kann sowieso nicht mehr als sechs Projekte im Jahr stemmen. Mit dem Schreiben von Konzepten, Recherche, dem Anheuern von Performer*innen und dem ganzen administrativen Zeug nebenher wendet L. schon sehr viel Zeit auf. Wenn L. dann auch noch mit der Familie in Verbindung bleiben möchte - sie wohnt buchstäblich beinahe am anderen Ende der Welt - ist L. ziemlich ausgebucht.
Ende Februar 2020 hat L. schon Projekte bis Mitte 2021 gebucht. Ein Projekt ungefähr alle zwei Monate. Die nächsten beiden Projekte waren schon in Arbeit. Flüge und Hotels waren gebucht und Performer*innen bereits am proben. Natürlich hat auch das Café in dem L. immer wieder mal arbeitete, für die nächsten Monate nicht mit L. gerechnet.
Im März 2020 musste L. Absagen für drei der sechs geplanten Projekte entgegennehmen. Die Kompensationssituation ist noch immer unklar. Die Flüge und Unterkünfte können nicht storniert werden, da L. - im Lichte der knappen Ressourcen - immer die günstigsten Flüge und Zimmer buchen würde, die nicht storniert werden können. L. rief das Café an. Sie sagten, dass L. im April wieder arbeiten könne. Mitte März hat das Café geschlossen. L. hat das halbe Jahreseinkommen innert einer Woche verloren und muss auch noch die Spesen tragen, die normalerweise zurückerstattet werden.
Die Geschichte von K.
K. ist Maler*in, sogar begnadet. K.s einziges Problem ist, dass die Produktion hinter der Nachfrage zurückbleibt. Für die meisten wäre das jedoch ein Luxusproblem. Die Sache ist die, dass K.s Herangehensweise, welche einen Grossteil der Qualitäten von K.s Arbeit ausmacht, eine langsame ist. K. hat, zu so einem frühen Zeitpunkt in der Karriere, noch nicht ganz herausgefunden, wie diese Herangehensweise angepasst werden kann ohne Qualität einzubüssen.
K. nutzt verhältnismässig teure Materialien für die Bilder. Zum Glück unterstützt die Galerie mit der K. arbeitet bei der Finanzierung der Produktionskosten. Trotzdem, K. verdient natürlich nur mit Verkäufen Geld. In K.s Fall finden Verkäufe nur statt, wenn es eine Ausstellung mit den Bildern gibt.
K. hat eine kleine Tochter, sie ist zwei Jahre alt. K.s Partner*in ist auch Künstler*in.
Im März 2020 wurden alle Ausstellungen von K. und K.s Partner*in abgesagt. Beide haben versucht eine Stelle bei einem Temporärbüro zu ergattern. Es gibt aber keine Jobs, da alles schliesst. Jetzt haben sie noch ein wenig Geld gespart. Es wäre genug um ein paar Monate zu überleben, aber mit dem Baby zuhause geben sie mehr Geld aus. Sie rechnen alles durch, bis Mitte April 2020 wird ihnen das Geld ausgegangen sein.
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Liebe Freunde
Dies ist ein Aufruf zu finanzieller Unterstützung und Spenden.
Wir haben alleine in den letzten paar Tagen direkt und indirekt erfahren, was die aktuellen Limitierungen, Einschränkungen und anderen Konsequenzen für Künstler*innen bedeuten. Wir müssen die fundamentalen Schwierigkeiten von Gig Economy, künstlerischer Arbeit und den Auswirkungen der Anstellungs- und Arbeitsstrukturen innerhalb der Künste, sowie den vielleicht sogar allgemeineren und breiteren Mangel an Fairness innerhalb der ökonomischen Systeme innerhalb derer wir uns bewegen an dieser Stelle nicht verhandeln.
Was wir hier und jetzt besprechen, ist simpel und weder verlangt es, noch verdient es Lamento:
Durch die Absage von kulturellen Veranstaltungen wie Aufführungen, Ausstellungen und anderen Ereignissen werden viele Künstler*innen wortwörtlich aus dem Erwerbsleben entfernt.
Performances werden nicht entlöhnt, wenn sie nicht stattfinden und keine Versicherung leistet Deckung. Keine physischen Werke können verkauft werden, wenn keine Ausstellungen stattfinden und keine Versicherung leistet Deckung. Es besteht kein soziales Sicherheitsnetz für Menschen, die - per Definition und in der Natur ihrer Praxis liegend - auf eigene Rechnung arbeiten müssen. Dies trifft auf die meisten, wenn nicht sogar alle, Künstler*innen zu. Darüber hinaus sollten Honorare und Werkverkäufe auch Kosten und Investitionen von Künstler*innen decken, die sie vor der Veröffentlichung ihrer Werke vornehmen. Es gibt keine andere Möglichkeit diese Investitionen zu decken.
Hamlet ist selbst mit diesen Problemen direkt konfrontiert: bereits jetzt sind wir Schwierigkeiten durch Produktions- und Reiseeinschränkungen, sowie Problemen in der Lieferkette ausgesetzt. In einer globalen (Kunst-)Wirtschaft sind die Verflechtungen derart umfassend, dass nichts unberührt bleibt.
Der Hamlet SARS-CoV-2 Support and Relief Fund for Artists versucht Künstler*innen, die direkt von den durch im Zusammenhang mit dem SARS-CoV-2 Ausbruch beschlossenen Massnahmen und den so ausgelösten Restriktionen betroffen sind, zu unterstützen.
Wir werden nicht verlorengegangene Honorare, Löhne oder Verkäufe kompensieren. Wir versuchen aber - wo möglich, dringend und nötig - Linderung zu verschaffen. Dies beinhaltet Unterstützung bei der Finanzierung von Mieten, Versicherungen, Arztbesuchen und/oder Lebensmittelkäufen.
Um dies tun zu können, bitten wir um eure Unterstützung. Spenden an Hamlet sind in der Schweiz steuerbefreit und werden an diejenigen in schwierigen Situationen mit so wenig Kosten und Verzögerung wie möglich weitergeleitet. Gegebenenfalls auch auf informellem und unkompliziertem Wege.
Natürlich dürfen wir nicht vergessen, dass es viele Menschen gibt, die sich in signifikant schwierigeren Verhältnissen wiederfinden, als wir es tun. Dies steht ausser Frage und wir müssen tun was wir können, um sie zu unterstützen.
Die Ressourcen von Hamlet sind aber nun mal Einschränkungen unterworfen und wir möchten versuchen, wenigstens in unserem eigenen Umfeld zu helfen.
Innerhalb der nächsten Tage werden wir die detaillierten Anforderungen für Unterstützung erarbeiten und diese Anforderungen via verschiedener Kanäle öffentlich machen. Damit sollen Künstler*innen über die Möglichkeit informiert werden, Unterstützung vom Hamlet SARS-CoV-2 Support and Relief Fund for Artists anzufragen.
Bei Fragen zum Hamlet SARS-CoV-2 Support and Relief Fund for Artists könnt ihr uns gerne unter fund@hamlet.love erreichen.
Wir möchten uns im Voraus für eure Unterstützung bedanken, sei diese finanziell oder ideell.
Wärmste Grüsse
Hamlet
Cate & Cliff
Antonia & Danai
PS: Wir verspüren auch den Wunsch das Folgende bekannt zu machen: Sollte etwas übrig bleiben - was wir weder hoffen, antizipieren oder darauf hinarbeiten - so werden wir es für kommende Projekte von Hamlet einsetzen um es in den ökonomischen Kreislauf innerhalb der Künste einbringen zu können. Wenn denn Mittel übrig blieben, so würden wir es in Honorare für an zukünftige Projekte beitragende Künstler*innen einbringen.